Neuss, 09. September 2015. : Die Wahlergebnisse der Bundestagswahl 2013 sind nicht sozial repräsentativ – das zeigt eine erstmalig im Auftrag der Bertelsmann Stiftung durchgeführte Schätzung. Aufgrund der unterschiedlichen Wahlbeteiligung sind sozial stärkere Milieus im Wahlergebnis deutlich stärker repräsentiert als sozial schwache Milieus. Die Schätzungen basieren auf den microm Geo Milieus®. Diese verorten die Sinus-Milieus® in einem Sozialraum und ermöglichen so kleinräumige Aussagen über die Milieuzugehörigkeit der Bevölkerung.
Sinus-Milieus® gruppieren Menschen nach sozialem Status und ihren Einstellungen in verschiedene gesellschaftliche Milieus. Die microm Geo Milieus® wiederum verorten die Sinus-Milieus® im Raum und ermöglichen kleinräumige Aussagen über die Milieuzugehörigkeit der wahlberechtigten Bevölkerung. infratest dimap hat innerhalb der 640 repräsentativen Stimmbezirke der ARD-Wahlumfrage die Wahlbeteiligung der verschiedenen Milieus geschätzt.
In EINWURF 2/2015, dem Policy Brief der Bertelsmann Stiftung, werden die Zusammenhänge zwischen den sozialen Lebensverhältnissen und der Wahlbeteiligung vor Ort detailliert detailliert dargestellt: Je prekärer die soziale Lage, desto höher die Anzahl der Nichtwähler. Die Wahlbeteiligung der sozialen Oberschicht liegt um bis zu 40 Prozent über der Wahlbeteiligung sozial schwächerer Milieus. Das liberal-intellektuelle Milieu verzeichnet mit 88 Prozent die höchste Wahlbeteiligung, das Milieu der Hedonisten, ein konsumfreudiges Milieu der sozialen Unter- und Mittelschicht, mit 47,7 Prozent die geringste Wahlbeteiligung. Gemessen an der der Abweichung ihrer Wahlbeteiligung vom Bundesdurchschnitt sind die Hedonisten um bis zu ein Drittel (34 Prozent) unterrepräsentiert, das liberal-intellektuelle Milieu hingegen überrepräsentiert. Je prekärer die soziale Lage eines Wohnumfeldes, desto höher ist der Anteil der Nichtwähler, so die Folgerung. (Wahl-) Umfragen unterschätzen diese soziale Spaltung der Wahlbeteiligung systematisch.
Schon bei den Landtagswahlen in Hamburg und Bremen 2015 wurden mit Hilfe von microm-Daten die Zusammenhänge zwischen den Lebensverhältnissen und der Wahlbeteiligung identifiziert. Basis der Studien waren kommunale Arbeitslosendaten, kleinräumige Milieudaten und andere sozial-räumliche Indikatoren des microm-Datenportfolios. Mit diesen Daten konnte die Bertelsmann Stiftung verlässliche und statistisch signifikante Aussagen über die sozialräumlichen Unterschiede und die soziale Selektivität der Wahlbeteiligung treffen.